Pressemitteilung
Treffpunkt Mediennachwuchs 2010
Jugendschutz durch Medienkompetenz
Für Jugendschutz im Internet ist in erster Linie der Nutzer selbst verantwortlich. Das haben Jugendschutz-Experten und deren Kritiker am Dienstag beim Treffpunkt Mediennachwuchs im Rahmen des Medientreffpunkt Mitteldeutschland in Leipzig deutlich gemacht. Neben dem Ansatz, den Nutzern die nötige Medienkompetenz zu vermitteln, wurde hier auch der Ruf nach mehr Aufsicht durch die Gesellschaft bzw. die Community laut. Umstritten war hingegen, inwiefern diese Selbstregulierung von einer gesetzlichen Regulierung, zum Beispiel durch die Novelle des Jugendmedienschutzgesetzes, begleitet werden sollte.
Alvar Freude vom AK Zensur warnte davor, dass die in der Novelle vorgesehen Eingriffe die kulturelle und soziale Entwicklung des Netzes gefährden. Immerhin werde dem Anbieter vorgeschrieben, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen – er habe lediglich die Wahl zwischen drei verschiedenen: der Sendezeitbegrenzung, der Altersverifikation oder der Alterskennzeichnung. Dies werde dazu führen, dass Millionen von Blog-Einträgen, die in den vergangenen Jahren entstanden seien, gekennzeichnet werden müssten. „Selbst die eine Million Seiten der deutschen Wikipedia müssten durchforstet werden“, sagte Freude. Um sich die Arbeit zu sparen, gebe es nur eine Möglichkeit: „Wikipedia müsste für alle unter 18 Jahren gesperrt werden!“
Dem widersprach Hans Ernst Hanten, Bereichsleiter beim Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), heftig. Es werde auch nicht gefordert, dass beanstandete Seiten in dem Zusammenhang gelöscht werden müssten. Die Anbieter zum Beispiel von Blog-Plattformen müssten vielmehr ein Beschwerde-System einrichten, über das die Nutzer eventuelle Verstöße gegen den Jugendschutz mitteilen könnten. „Unser Ziel bleibt, möglichst vielen Menschen möglichst viele Angebote im Netz zugänglich zu machen“, sagte Hanten. Ein Jugendschutzprogramm auf Nutzer-Seite könne aber nur funktionieren, wenn die Angebote bewertet würden.
Die Aufregung um die Novelle des Jugendmedienschutzgesetzes nicht verstehen kann Verena Weigand, die Leiterin der KJM-Stabsstelle (Kommission für Jugendmedienschutz). „Im Vergleich zum Staatsvertrag von 2003 soll sich doch gar nicht so viel ändern“, sagte sie und äußerte zugleich den Verdacht, dass Kritiker auch die Regulierungen von 2003 zurückdrehen wollten. Harald Geywitz von der Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) verwies darauf, dass schon heute bestimmte Inhalte gesetzlich verboten seien. Jede Regulierung müsse aber dem Medium Internet gerecht werden. Achim Lauber vom Erfurter Netcode e.V. verwies auf das „jugendmedienschutz-begleitende“ Konzept seines Vereins. Dieser zeichne Webangebote aus, die für Kinder besonders geeignet seien. Ziel sei, Kinder zu kritischen Mediennutzern zu entwickeln. „Im Zweifelsfall funktioniert der Mensch immer noch besser als jedes Programm oder Regelwerk“, betonte Lauber.
Ulrich Böhme
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